Predigt von Pastorin Elisabeth Griemsmann
am 6. Dezember 2020 (2.Advent)
Über Jakobus 5, Verse 7-11

7Übt euch also in Geduld, liebe Brüder und Schwestern, bis zum Kommen des Herrn! ... stärkt eure Herzen, denn das Kommen des Herrn steht bevor….

10Liebe Brüder und Schwestern, nehmt euch ein Beispiel am Leiden und an der Geduld der Propheten, die im Namen des Herrn gesprochen haben. 11Seht, wir preisen selig, die standhaft geblieben sind. Von der Standhaftigkeit Hiobs habt ihr gehört, und das gute Ende, das ihm der Herr geschenkt hat, konntet ihr sehen: Voll Mitleid und Erbarmen ist der Herr.(Jakobus 5, 7-11*)

Liebe Gemeinde!

Habt Geduld! Das passt zum Advent. Wir bewegen uns Tag für Tag ein bisschen mehr auf Weihnachten zu. Und besondere Tage schaffen eine gute Unterbrechung: der erste Advent, der Nikolaustag, der Luciatag und die drei anderen Adventssonntage. So wird es leichter mit dem Warten. Wir können die Wartezeit abwechslungsreich gestalten. Denn an dem Ablauf lässt sich nichts ändern.

Habt Geduld. Das ist oft aber gar nicht so einfach umzusetzen. Habt Geduld, wenn ihr im Wartezimmer eines Arztes sitzt und warten müsst, bis ihr dran seid. Wenn Schmerzen da sind, ist es besonders schwer. Wenn jemand dabei ist, der die Hand hält, ist es leichter zu ertragen. Habt Geduld, wenn ihr vor dem Geschäft in einer Schlange steht, bis ihr an der Reihe seid und eintreten dürft. Wenn es euch wirklich wichtig ist, bleibt ihr stehen und wartet. Sonst geht ihr weiter. Und viel Geduld ist auch nötig, bis ein Widerspruch gegen eine Ablehnung des Asylantrags abschließend bearbeitet ist...

In diesem Jahr sind wir durch das Auftreten des Virus ausgebremst und wünschen uns sehr, dass das Warten bald ein Ende hat. Habt Geduld, bis die Kontaktbeschränkungen aufgehoben werden. Dann könnt ihr euch treffen. Dann könnt ihr wieder Sport machen. Aber jetzt haltet euch noch zurück. Das hören wir und sagen es anderen weiter. Greift doch zum Handy oder Telefon und schreibt eine Nachricht oder schickt eine schöne Karte. Die Kontaktbeschränkungen betreffen nicht uns. Überall auf der Welt sind Menschen von der Ausbreitung des Virus betroffen. Habt Geduld bis der Corona-Impfstoff seine Auswirkung zeigen kann.

Habt Geduld! Wie ist es mit der Geduld? Fällt es den älteren unter uns leichter, Geduld aufzubringen? Ältere Menschen mussten schon häufiger in ihrem Leben auf Mitteilungen warten, auf persönlichen Nachrichten oder allgemeine Bekanntmachungen. Haben sie es dadurch gelernt, geduldiger zu sein? Vielleicht kann ein älterer Mensch eher einsehen, dass alles getan ist und deshalb nichts mehr beschleunigt werden kann. Dann können auch die Hände in den Schoß gelegt werden. Jüngere möchten gern Gründe hören. Geduld soll doch nicht ungerechte, gesellschaftliche Strukturen unterstützen. Jüngere möchten überzeugt werden. Sie möchten Einfluss nehmen. Und bei Kindern ist es am wichtigsten, sie abzulenken und zu beschäftigen, damit das Warten erträglicher wird. Im Advent hilft der Adventskalender beim Zählen der Tage bis Weihnachten. Und Basteln, Spielen und Vorlesen. Das verkürzt die Zeit.

Übt euch in Geduld, weil Gott selbst Geduld zeigt, so lesen wir es im Jakobusbrief. Wir brauchen diese Geduld, diesen barmherzigen und gütigen Blick Gottes auf unser Leben. Jede und jeder bekommt Zeit geschenkt, die wir für uns nutzen können: zum Freuen, zum Lachen, zum Nachdenken, zum Danken und auch zum Traurig sein. Wir können Zeit mit anderen verbringen, für sie da sein, ihnen beistehen oder ihre Hilfe annehmen, auf Fremde zugehen. Es gibt Aufgaben, die wir für andere tun können und tun sollen. All das gelingt nicht immer: manchmal verliere ich mein Ziel aus den Augen, manchmal beschäftige ich mich mit unnötigen Dingen, manchmal verletze ich jemanden oder übersehe jemanden. Es gibt viele verpasste Gelegenheiten, in denen es mich entlastet von Gottes Geduld und Güte zu hören. Das schafft Luft zu Durchatmen. Das gibt Pausen  vor dem neuen Anfang. Dabei ist Gottes Geduld nicht nur für dich und mich, sondern auch für unsere Gemeinde wichtig und für alle christlichen Kirchen. Denn wir orientieren uns doch an Jesu Vorbild. Achten wir einander als Brüder und Schwestern? Teilen wir mit den Armen oder haben wir Angst, selbst zu kurz zu kommen? Fördern wir den Weg zum Frieden? Wir brauchen Gottes Geduld mit uns, seinen gütigen Blick auf all unsere Irrwege und Umwege. Und wenn wir diese Geduld Gottes für uns erkennen, warum sollten wir dann keine Geduld mit uns selbst und mit anderen haben? Wir können doch das weitergeben, was uns selbst geholfen hat und hilft. Geduld....

Die Christen, denen Jakobus schrieb, lebten damals in einem besonderen Advent. Sie warteten auf das Wiederkommen Jesu. Darauf hofften sie, und deshalb brauchten sie Geduld. Die Hoffnung auf Jesu Kommen half ihnen in ihrem Alltag, bei ihrem Zusammensein, bei ihrem Teilen und Beten, bei der Fürsorge um Witwen und Waisen. Auch wenn Jesu Ankunft noch ausblieb, sollten sie die Hoffnung und der Mut für ihren Alltag nicht verlassen. Deshalb erinnerte Jakobus sie an biblische Vorbilder, an Menschen, die schmerzhafte Erfahrungen gemacht haben und die Widerstand gezeigt haben. Das waren die vielen Propheten, die sich um ihrer kritischen Worten willen Schlimmes anhören mussten. Und es war Hiob, der alles verlor. Hiob war sich keiner Schuld bewusst und forderte solange von Gott sein Recht ein, bis er es erhielt. Und außerdem bekam er so vieles wieder: eine neue Familie, Gesundheit, Besitz. An die Propheten und an Hiob sollten die Christen denken. Sie könnten sich in einer Linie mit diesen besonderen Menschen aus der Bibel sehen, wenn sie Geduld zeigten. Und auch sie könnten darauf vertrauen, dass Gott ihnen mit Geduld begegnete.

Und unser Advent? Wir hoffen auf das Kommen Gottes in unsere Welt. Wir bekommen ein Gespür dafür, was in der Welt alles schief läuft - in unserer Stadt, wenn sich Jugendliche auf Bahngleise legen oder wenn Menschen kein Dach über dem Kopf haben oder wenn Menschen in ihren Wohnungen vereinsamen oder wenn Menschen schwer erkranken. Wir erkennen auch Unrecht und Traurigkeit an vielen anderen Orten und in anderen Ländern. Die Hoffnung auf Gottes Kommen schult unseren Blick für das, was sich noch zum Guten ändern muss.

Wenn Gott jetzt in unsere Welt kommt, ist das mehrdeutig. Nur mit dem Glauben lässt sich verstehen, was von Weihnachten erzählt wird: ein Kind in der Krippe soll der verheißene Retter sein. Ausgerechnet Hirten kommen als Freudenboten, ein Stern dient den Weisen als Wegzeichen, und sie knien vor dem Kind nieder. Gott geht ungewohnte Wege, er macht kleine Leute bedeutend und öffnet die Weisen aus dem Morgenland für sein Wunder. Wenn Gott in unsere Welt kommt, wird der Frieden gefeiert und Gerechtigkeit gewinnt an Bedeutung. Es gibt gute, erfreuliche Anzeichen, die unser Vertrauen stärken. Andere Ereignisse machen uns traurig oder wütend, doch sie verstärken den Wunsch nach Besserung. Habt Geduld D.h. lasst euch nicht entmutigen und tut das Nötige. Gottes Reich kommt. Es braucht Geduld um auf Gottes kommendes Reich auf Erden zu hoffen..

Heute vor 15 Jahren starb der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch. Einmal betet er darum, dass Gott uns Christen zu den „Gärten der Geduld“ führen und uns mit „Großzügigkeitsgirlanden“ schmücken möge. Und andere sollen sehen können, dass wir Gottes Kinder sind - ungebrochen und heiter.

Mit anderen Worten: Schätzt die Geduld als etwas Gutes für euer Leben, für euer Hoffen. Gott schenkt uns Geduld. Auch als geduldige Menschen können wir uns aufrecht halten und fröhlich sein.

Amen.