Predigt von Pastorin Elisabteh Griemsmann
am 7. Februar 2021

über Lukas 8, Verse 4-15

Lukas 8, 4-15 aus : Bibel in gerechter Sprache

4Als viel Volk zusammengekommen war und die Bewohnerinnen und Bewohner der Städte zu ihm strömten, redete er mit Hilfe eines Vergleiches: 5»Jemand ging hinaus, die Saat zu säen. Beim Säen fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel des Himmels pickten es auf. 6Anderes fiel auf felsigen Boden und verdorrte, sobald es aufging, da es keine Feuchtigkeit fand. 7Wieder anderes fiel mitten unter Dorngestrüpp, und da dieses wuchs, wurde es erstickt. 8Ein anderer Teil fiel auf gute Erde und wuchs und brachte hundertfältige Frucht.« Er sagte es und rief: »Wer Ohren hat, zu hören, höre!«
9°Diejenigen, die von ihm lernen wollten, fragten ihn, was das für ein Vergleich wäre. 10Er antwortete: »Euch ist es gegeben, die Geheimnisse der °Königsmacht Gottes kennen zu lernen! Den Übrigen ist es gegeben, zu vergleichen, damit sie sehen, wenn sie nicht sehen, und hören, wenn sie nicht verstehen. 11Vergleicht die Saat mit dem °Wort Gottes. 12›Die auf den Weg fallen‹ : das sind die Menschen, die das Wort gehört haben. Aber dann kommt eine °diabolische Macht und nimmt das Wort aus ihren °Herzen, damit sie nicht °glauben und nicht gerettet werden. 13›Die auf den Felsen fallen‹ : das sind solche, die das Wort gehört haben und es mit Begeisterung aufnehmen, aber keine Wurzel haben. Die glauben nur für den Augenblick, im Moment der Prüfung jedoch machen sie sich davon. 14›Was ins Dorngestrüpp fällt‹ : das sind solche, die zwar gehört haben, die aber auf ihrem Weg durch Vorsorgen und Reichtum und Lebensgenüsse erstickt werden und keine Reife erlangen. 15›Was aber auf gute Erde fällt‹ : das sind die, die mit ihrem guten und liebenden °Herzen das Wort gehört haben. Sie behalten es und bringen Frucht in beharrlicher Kraft.“

Liebe Gemeinde,

die Frühlingsboten lassen auf sich warten. Mit dem Gleichnis vom Säen, Wachsen und Ernten tue ich mich deshalb schwer. Noch ist Winter. Die Samen werden noch nicht gesät. Bis es möglich ist, werden noch einige Wochen vergehen. Frühlingsgefühle wollen noch nicht so recht aufkommen.

Aber: Unser Gleichnis beschreibt heute die Arbeit eines Sämanns. Hören wir zu. Es geht um das Aussäen, das Wachsen der Saat, die Einschränkungen des Wachstums, die Erntezeit. Es wird beschrieben. Ohne Bewertung in gut oder schlecht. Nicht jedes Samenkorn wird gezielt, in gleichmäßigem Abstand, in eine Furche gelegt, sondern die Samen werden großzügig auf dem Boden ausgestreut. Deshalb wächst nicht jedes Korn zur Ähre heran. Stattdessen können aber Vögel Saatkörner aufpicken. Der felsige Boden bietet ein festes Fundament für das Bauen von Häusern, aber nicht für das Wachsen der Pflanzen. Die robusteren Dornenbüsche behindern das Wachstum der Saatkörner, aber sie locken Insekten an weit mehr als Kornähren. Und selbst wenn die Samen großzügig verteilt werden, wird es keine Knappheit geben, denn auf gutem Boden können die Samenkörner viele Ähren wachsen lassen. Dieses Gleichnis ermahnt nicht zur Vorsicht mit dem Saatgut! Es hilft auf eine üppige Ernte zu vertrauen. Trotz aller Faktoren, die die Saat einschränken und behindern. Das Gleichnis beobachtet das Wachsen so, wie es geschieht. Unter den verschiedenen Bedingungen. Das Gleichnis entlastet. Es lässt uns den Winter vergessen und auf das Frühjahr hoffen.

Aber wir sind noch im Winter. Wir fügen uns noch den Kontaktbeschränkungen. Wir fühlen eine Kälte, weil Nähe nur eingeschränkt möglich ist. Wir sehen eine trostlose Umgebung, ohne Sonne, mit sehr viel Schnee. So ist es gut, neben der Bildebene noch die Sachebene des Gleichnisses zu hören. Jesus vergleicht das Samenkorn mit dem Wort Gottes, das Menschen hören. Sie reagieren unterschiedlich. Sie nehmen es schnell auf. Bei den ersten kommt es nicht zum Zuge, weil es ihnen durch Skepsis und Misstrauen genommen wird. Sie können ihm nicht mehr vertrauen. Die nächsten sind spontan begeistert. Aber die Begeisterung verfliegt, wenn schwierige Situationen zu bewältigen sind. Die Bibel spricht da von Versuchungen oder Prüfungen im Leben, die den Glauben an das Wort schwinden lassen. Und bei den Dritten verhindern es Gedanken zur Vorsorge, Reichtum oder Vergnügungen, dass sich das Wort Gottes entwickeln und Vertrauen schenken kann. Es gibt andere Ziele, die im Leben vorrangig verfolgt werden. Erst bei den vierten trifft es in das Herz, bestimmt ihr Fühlen und Denken und schenkt ihnen Geduld, um vertrauensvoll zu leben.

Sollen die Zuhörenden mit dieser Deutung des Gleichnisses ermahnt werden? Sollen sie daran erinnert werden, wie wichtig es für sie ist, das eigene Herz für das Wort Gottes zu öffnen? Können sie sich bewusst dafür entscheiden? Oder handelt es sich auch bei dieser Deutung um eine Beschreibung, wie unterschiedlich Menschen auf das Wort Gottes reagieren? Überall ist es zu hören, aber es zeigt nur bei einem Teil der Hörenden große Wirkung. Es gibt Menschen Halt, wenn der Boden unter ihren Füßen zu wanken droht. Es gibt Orientierung, wenn Menschen den Weg nicht wissen. Es tröstet, wenn Menschen sich verlassen fühlen. Es belebt, wenn Menschen sich erschöpft fühlen. Es richtet auf, wenn sie am Boden liegen. Es tut seine Wirkung.

Wo finden wir uns in diesem Gleichnis wieder? Was lockt uns? Was motiviert uns? Was entlastet uns? Gottes Wort trifft uns in verschiedenen Lebensphasen. Es gibt Zeiten, in denen es wenig Chancen hat, Wurzeln auszubilden und Vertrauen wachsen zu lassen. Ich erlebe bedrückende Situationen von Abschied, in denen ich an dem Wort Gottes zweifle. Ich mache im Alltag Erfahrungen mit Ungerechtigkeit und Ausgrenzung. Zurzeit irritieren uns die bleibend hohen Sterbezahlen vom RKI und die Bilder von leeren Impfzentren. Aber auch beunruhigende Nachrichten über Auswirkungen der Klimaveränderungen erreichen uns durch Medienberichte oder durch die Texte für den Weltgebetstag aus Vanuatu in der Südsee.

Es gibt auch persönliche Entwicklungen, in denen das Wort Gottes an die Seite gedrängt wird. Ich wähle in meinen Leben Wege, die ein Wachsen erschweren. Es sind festgefahrene, festgetretene Wege. Ich gehe sie wegen der Routine. Oder wegen der Angst vor einer Veränderung. Dort kann nichts Neues wachsen. Es gibt auch Felsen, die ein Wachsen erschweren! Was ist in ihm kantig, rau und lebensfeindlich? Wo ist etwas verhärtet? Woher kommt es? Verletzungen liegen zugrunde. Ein harter Kern gibt ihm Halt. Eine harte Schale schützt das Innere. Die Verhärtungen habe ihren Grund. Und die Dornen? Sie verliert sich im Gestrüpp. Der Dornbusch überwuchert sie, wenn es ihr zu schnell geht und sie Ruhe braucht! Die Entwicklung geht ohne sie weiter – sie kann nur zuschauen... Aber daneben gibt es auch die fruchtbare Erde. Immer wieder. Gottes Wort berührt und bewegt uns. Es fordert uns heraus. Es tut uns gut. Wir lassen uns inspirieren. Ich beobachte eine große Hilfsbereitschaft für wohnungslose Menschen. Ich weiß von den vielen Verbindungen, die Menschen durchs Telefon aufrechterhalten. Ich höre von der Dankbarkeit der Eltern gegenüber den Erziehern, die sich verlässlich um ihre Kleinen kümmern.

Wir erkennen die verschiedenen Böden in uns selbst: die verpassten Gelegenheiten, die Erschwernisse und die schönen Überraschungen. Menschen lassen sich nicht dem einen oder anderen Boden zuordnen. Jeder und jede kennt die eine oder andere Situation und kann immer wieder positiv überrascht werden, denn Gottes Wort ist schöpferisch....

Am Ende des Predigttextes gibt es einen positiven Ausblick, den ich verstärken möchte. Der Same braucht Zeit, um zu wachsen und zu reifen. Gottes Wort lässt langsam Vertrauen wachsen. Es braucht Geduld. Geduld aufzubringen ist die Herausforderung unserer Tage. Geduld, bis die Impfung erfolgt ist. Geduld, bis die 7-Tage-Inzidenzwerte heruntergegangen sind. Geduld bis wieder Begegnungen in der Gemeinde möglich sind mit Austausch, Singen und Unternehmungen. Nun, Geduld wird seit längerem eingefordert. Wird sie nicht überstrapaziert? Wo bleibt der hilfreiche Ausblick?

Das Gleichnis von der Saat und von dem Wort Gottes arbeitet mit der Zeit. Das Wachstum braucht Zeit, die Ernte erfolgt zu ihrer Zeit, manchmal ruhen Saatkörnern lange Zeit, bis sie einen Platz finden, um Wurzeln auszutreiben. Und das Wort Gottes zeigt nicht sofort seine Wirkung. Es braucht seine Zeit. Trotzdem wird es reich und überschwänglich Wirkung tun. Darauf können wir in unserem Herzen vertrauen, wir können unser Denken und Fühlen für Gottes Reich öffnen. Und mit dieser Hoffnung können wir kleine Schritte tun und uns immer wieder neu in Geduld üben.

Amen