Predigt am 24. März (Palmsonntag) - Markus 11, 1-10

Liebe Gemeinde,

der heutige Sonntag heißt Palmsonntag.
Wir sehen vor uns das Bild von Menschen, die Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem mit Zweigen und Palmwedeln begrüßen.

Genauso könnte der Sonntag auch Kleidersonntag heißen, denn es heißt in den Evangelien auch, dass Menschen ihre Kleider und Tücher vor Jesus ausgebreitet haben.
Im Lukasevangelium steht zum Beispiel gar nichts von Palmzweigen, nur von Kleidern.

Der Sonntag könnte aber auch Eselsonntag heißen, denn das steht in allen vier Evangelien, dass Jesus auf dem Rücken eines ganz jungen Esels in die Stadt geritten kam. Um es ganz deutlich zu machen, schreibt Markus in seinem Evangelium, dass noch nie vorher ein Mensch auf dem jungen Eselchen gesessen hat.

Was hat es mit dem Eselchen auf sich?

Das Matthäusevangelium setzt uns auf die richtige Fährte, die ins Alte Testament führt. Matthäus schreibt: „Das mit dem Esel geschah, auf das erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten“ und er zitiert den Propheten Sacharja, wo es heißt:

„Juble laut, Tochter Zion,
Jauchze, Tochter Jerusalem,
sieh dein König kommt zu dir, gerecht und hilfreich ist er, demütig und auf einem Esel reitend, auf einem Fohlen, einem Eselsfohlen,
und ich werde die Streitwagen ausrotten in Efraim, und die Pferde in Jerusalem, und der Kriegsbogen wird ausgerottet, und er verheißt den Nationen Frieden. Und seine Herrschaft reicht von Meer zu Meer und vom Strom bis an die Enden der Erde.“

Das ist es also, was damals passiert ist. Jesus gibt seinen Jüngern den Befehl, ein Eselchen zu besorgen und er reitet darauf in Jerusalem ein.
Jesus gibt damit zu erkennen, wer er ist. Er bekennt sich dazu. Ja, er ist der König, den der Prophet vorhergesagt hat, er ist der Friedensbringer für Jerusalem, für Israel und für die ganze Welt.
Seine Anhänger begreifen das.
Sie kennen ihre hebräische Bibel. Sie wissen, was das bedeutet und sie sind außer sich vor Freude und voller Erwartung.

Mit den Worten aus Psalm 118, rufen sie ihm zu:
„Herr hilf! Errette uns! Auf Hebräisch Hosianna!
Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn!“

So finden wir in der hebräischen Bibel die Worte, die uns erklären, was damals passiert ist.
Es sind Worte voller Erwartung, politische Worte, Worte, die eine politische Erwartung ausdrücken.
Wundern Sie sich also nicht, wenn das, was ich heute zu sagen habe, politisch klingt.

Es wird einer erwartet, der die politischen Verhältnisse verändern wird, ein König, der im Namen Gottes kommt, einer, der Rettung und Hilfe bringt und das auf friedlichem Weg, denn er ist der Friedensbringer. So haben wir es vorhin gesungen. Tochter Zion freue dich, Ja, er kommt der Friedfürst!
Sein Friede bedeutet, dass Waffen verschwinden, dass Rüstung abgeschafft wird, dass die Menschen das Kriegshandwerk verlernen.
Dieser König verspricht allen Völkern Frieden überall auf der Welt. Das war die Vision der Propheten und das erwarten die Menschen von Jesus.
Sie begrüßen ihn mit Palmzweigen, sie legen Tücher vor ihm auf die Straße um ihn zu ehren, der rote Teppich wird ausgebreitet, die Sitte kennen wir ja heute noch.

Und es ist kein Missverständnis!
Jesus kommt nicht zu Fuß, er lässt sich nicht tragen, er fährt nicht in einer Kutsche und reitet auch nicht auf einem Pferd. Er kommt absichtlich auf einem Esel geritten, damit er erkannt wird als der Friedefürst, den Sacharja angekündigt hat haben.

Nun leben wir zweitausend Jahre später in einer Zeit, wo das Wort Frieden in aller Munde ist.
Wer will nicht alles Frieden? Den ganzen Tag lang und in jeder Rede hören wir dieses Wort. Sogar Wladimir Putin spricht von Frieden. Frieden durch Stärke, Frieden und Sieg, Frieden durch immer mehr Rüstung, Frieden durch Abschreckung. Manche nennen es die Zeitenwende, aber es ist im Grunde nichts Neues.

Den bewaffneten Frieden hat es schon immer gegeben. Es gab ihn vor zweitausend Jahren im römischen Reich, dabei war an den Grenzen immer Krieg. Und auch heute sind nebeneinander Krieg und Frieden und die Aktienkurse steigen.
Innerhalb von zwei Jahren hat sich zum Beispiel der Wert der Aktie von Rheinmetall versechsfacht. Rheinmetall stellt Panzer und Munition her, hier in Niedersachsen aber auch in Australien und in vielen anderen Ländern. Manche werden dabei sehr reich, viele andere müssen leiden und sterben, weil Panzer ihre Häuser zerstören und Menschenleben vernichten. Das alles ist nichts Neues. Das ist der Lauf der Dinge seit Jahrtausenden.

Auch in der Bibel ist viel von Kriegen, Gewalt und Kämpfen die Rede, von Sieg und Niederlage. Gott wird als der Herr der Heerscharen verehrt. Das nimmt viel Platz ein in der Bibel aber es führt nicht zu dem, was wir bei Jesus sehen.
In der Bibel sind es nur wenige Prophetenworte, die auf Jesus hinweisen, wenige Verse, die uns hoffen lassen auf etwas ganz und gar Neues.

Das Neue ist Frieden ohne Waffen!
Das Neue ist, dass Schwerter umgeschmiedet werden zu Pflugscharen.
Das Neue ist der Friedensbringer, der auf dem Rücken eines jungen Esels daherkommt, demütig und ohne Waffen.

So sehen wir Jesus, der wehrlos in Jerusalem ankommt.
Wir hören ihn im Johannesevangelium zu seinen Jüngern sagen:
„Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch Frieden, wie die Welt ihn gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Joh. 14,27)

Vielleicht bräuchten wir verschiedene Worte. Ein Wort für bewaffneten Frieden und ein anderes Wort für das, was mit Jesus Christus in die Welt gekommen ist.
Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche. Wir bedenken den Weg Jesu, vom Einzug in Jerusalem bis zum Tod am Kreuz, begleitet von der Erwartung, dass die echte Zeitenwende kommen wird, der Friede, den Gott uns gibt ohne Waffen, ohne Gewalt, der Friede, der aller Gewaltherrschaft ein für alle Mal ein Ende setzen wird.

Bei seiner Verhaftung im Garten Gethsemane kommen die Soldaten mit Schwertern und Spießen.
Seine Jünger wollen sich wehren, ihn mit Gewalt verteidigen. Sie haben Messer und Schwerter dabei. Er verbietet es, lässt sich widerstandslos abführen. Er wird am Kreuz hingerichtet. Für alle sichtbar wird er mit der Strafe getötet, mit der politische Unruhestifter von den Römern zu Tode gequält wurden.

Wir glauben, dass mit Jesus Gott selber am Kreuz gequält wurde, selber erlitten hat, was Jesus erleiden musste. Wir glauben aber auch, dass damit nicht das römische Reich gesiegt hat, nicht militärische Macht oder wirtschaftliche Kraft und auch nicht Pontius Pilatus oder der Kaiser in Rom. Wir glauben, dass Jesus der Gekreuzigte gesiegt hat, der mit Gott lebt in Ewigkeit. Wir glauben, dass sich am Ende sein Friede ausbreiten wird, sein Friede, der nicht so ist, wie der Friede, der heute in aller Munde ist, sein Friede, der keiner militärischen Logik folgt, auch keiner diplomatischen Logik.

Gottes Friede, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsre Herzen und Sinne in Christus Jesus, dem Friedefürst, denn sein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen!