Predigt am Palmsonntag 10. April 2022
Johannes 12, Verse 12-19 & Sacharja 9, Verse 9-10a

Liebe Gemeinde,

Dieser Sontag trägt einen Namen: Palmsonntag, benannt nach den Palmzweigen, mit denen Jesus begrüßt wurde, als er in Jerusalem einzog. Ich lese noch einmal die Verse, die wir vorhin gehört haben:

Als am Tag darauf die große Volksmenge, die zum Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem komme, nahmen sie die Palmzweige und zogen hinaus, ihn zu empfangen, und riefen: Hosanna, gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König Israels.“

Dieser Sonntag und diese Geschichte vom Einzug in Jerusalem bringt uns Jesus näher. Da wird Geschichte lebendig wie sonst nur selten im Neuen Testament. Da wird der historische Jesus sichtbar und greifbar. Da sind sich Theologen und Historiker einig: Wir haben es mit einem echten Stück seiner Lebensgeschichte zu tun. Alle vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes berichten von diesem Ereignis und so besteht für uns kein Zweifel: Das ist wirklich passiert und es ist wichtig für uns!

zwei Dinge fallen mir ganz besonders auf.

Zuerst ist es die Bezeichnung „König“, „König Israels“ und genau dies Bezeichnung hat später Pilatus auf das Kreuz schreiben lassen, auf dem Jesus hingerichtet  wurde: Jesus von Nazareth König der Juden, Abgekürzt die lateinischen Buchstaben INRI, die auf Darstellungen der Kreuzigung zu lesen sind.

So wurde Jesus also verstanden, aber eben nicht als ein politischer König, sondern als „der“ König, der von Gott gesandte König, jener, auf den das Volk Israel solange gehofft hat, der Retter und Befreier, der Messias. Deshalb ruft das Volk „Hosianna“ oder „Hosanna“, ein Hilferuf, ein Gebet: “Errette“, „Hilf doch!“ und im Wort Hosianna steckt ein Teil des Namens Jesu, der auf Hebräisch so viel bedeutet wie „Gott hilft“. Jesus wird als Gottes Hilfe, als Befreier, als Retter, als der König der Endzeit umjubelt und in Jerusalem begrüßt.

Das andere, was mir besonders auffällt, ist die Sache mit dem jungen Esel. Interessanterweise ist in den vier Evangelien nicht einfach von einem Esel die Rede, sondern ausdrücklich ein Jungtier, das Fohlen oder Füllen einer Eselin.

Es ist deswegen wichtig, weil darin der Schlüssel liegt, den wir brauchen, um richtig zu verstehen, was da geschieht. Zwei der Evangelisten, nämlich Matthäus und Johannes wollen es uns noch leichter machen, indem sie ganz direkt auf das Zitathinweisen, das beim Propheten Sacharja steht und das diese Geschichte entschlüsselt.

Da heißt es im Kapitel 9, Vers 9:

9 Juble laut, Tochter Zion, jauchze, Tochter Jerusalem, sieh, dein König kommt zu dir, gerecht und siegreich ist er, demütig und auf einem Esel reitend, auf einem Fohlen, einem Eselsfohlen.

Es ist also ein Verweis auf dieses Prophetenwort: dass es heißt Jesus reitet auf einem Fohlen, auf einem Eselsfohlen. Es ist also kein Zufall, dass Jesus auf einem Esel in  Jerusalem einreitet. Er hat damit klargemacht, was er auf keinen Fall war. Er war kein Revolutionär, er wollte keinen bewaffneten Aufstand gegen die Römer. Er war kein Politiker, kein militärischer Anführer, der zum Kampf aufruft.

Die Menschen kannten ihre Bibel, ihre Prophetenbücher und auch diese Verheißung des Propheten Sacharja.

Das Kontrastbild dazu war im Jahr 1898 der Einzug des deutschen Kaisers Wilhelm II nach Jerusalem, hoch zu Ross und selbstverständlich auf einem Pferd. Damals hat man extra dafür einen Graben an der Stadtmauer aufgefüllt und in die Stadtmauer neben dem Jaffator eine Bresche eingeschlagen, damit er mit seinem Gefolge einreiten konnte bis zur Grabeskirche und bis zur neugebauten deutschen Erlöserkirche gegenüber der Grabeskirche. Was eine Pilgerfahrt sein sollte, wurde zu einer peinlichen Demonstration weltlicher Macht und Prunksucht.

Wie anders ist da der Einzug Jesu auf dem Rücken eines Fohlen, noch kleiner und niedriger als ein ausgewachsenes Tier. Demütig ist er und wird doch bejubelt mit Palmwedeln und Zweigen. Die anderen Evangelien erzählen sogar, dass die Menschen Kleidungsstücke vor ihn gelegt haben, wie den berühmten roten Teppich, den wir ja auch kennen, der ausgebreitet wird, wenn Staatsgäste oder Filmstars irgendwo ankommen.

Diese Szene vom Einzug Jesu in Jerusalem verbindet sich mit den Worten des Propheten, die damals jeder kannte. Es genügte zu sehen, dass Jesus auf einem Eselchen angeritten kam, und jeder, hatte im Hinterkopf die Worte des Propheten, die unmittelbar auf den Vers mit dem Eselsfohlen folgen, wo es heißt:

Ich werde die Streitwagen ausrotten in Efraim und die Pferde in Jerusalem. Und der Kriegsbogen wird ausgerottet. Und er verheißt den Nationen Frieden.

Das ist es und nichts weniger, was diese Geschichte vom Palmsonntag verheißt, ob es uns gefällt oder nicht, ob wir es für klug halten oder für naiv: Uns und allen Nationen ist Frieden verheißen durch Jesus Christus und dieser Friede verträgt sich nicht mit Streitwagen und Pferden und Kriegsbogen. Das waren die Panzer und Raketen jener Tage, das waren die Drohnen, die Gewehre und anderen Waffensysteme jener Zeit.

Die Botschaft der Bibel ist eindeutig: alle Waffensysteme sollen ausgerottet werden. Solange es sie gibt, wird es Kriege geben. Solange Staaten auf militärische Stärke setzen, kann es keinen Frieden geben.

Politiker mögen es drehen und wenden wie sie wollen, aber es ändert nichts an der Verheißung, die uns von Gott gegeben ist. Seit Jahrhunderten gilt dieses Versprechen und das ist die Botschaft des Evangeliums von Jesus, der auf einem jungen Esel einreitet in die Heilige Stadt Jerusalem.

Frieden wird kommen, anders als wir denken, anders als wir uns das vorstellen.

Jesus wird als Gottes ausgewählter König bejubelt, und doch ist er zum Scheitern verurteilt, demütig, wehrlos, von Soldaten gefangen, gefoltert, verurteilt, gekreuzigt, hingerichtet.

aber wie wir bekennen, am dritten Tage auferstanden, aufgefahren in den Himmel und mit Gott vereinigt, zu richten die Lebenden und die Toten.

So führt der Weg Jesu vom heutigen Palmsonntag zum Karfreitag aber vom Karfreitag führt er uns zu Ostern und das ist es, worauf es ankommt.

Am Ende des Weges, den Gott uns durch Jesus in Aussicht stellt, gibt es Frieden, Frieden ohne Waffen und –nur ohne Waffen Frieden.

Amen