• Predigt
»Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus.« (Röm 1,7) Amen.

I.
Liebe Gemeinde,
zu Beginn des Neuen Jahres blicken wir zurück auf das vergangene Jahr: Ich nenne einige Ereignisse, die mich sehr beschäftigt haben:
In 2024 erreichen die russischen Luftangriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine einen neuen Höhepunkt. Im Gegenzug nimmt die Ukraine verstärkt Ziele auf russischem Territorium unter Beschuss. Die USA und Deutschland stimmen dem zu und liefern weitere Waffen. Russland setzt erstmals Soldaten aus Nordkorea ein. Das Ausmaß russischer Cyberangriffe auf demokratische Institutionen im Westen wird immer deutlicher.
Die AfD wird durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. Ein Verbotsantrag im Bundestag ist umstritten.
In Frankreich kommt es im Sommer überraschend zu vorgezogenen Neuwahlen ohne klares Ergebnis; eine vorläufige Regierungsbildung scheitert Anfang Dezember.
Trump wird bei einer Wahlkampfveranstaltung angeschossen und gewinnt später die US-Wahl. Eine Tag später zerbricht die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen.
Aufgrund der Unsicherheiten auf dem Automarkt drohen bei VW Werksschließungen. Ein großer Tarifstreit kann vor WEihnachten abgewendet werden, aber bis 2030 sollen 35.000 Stellen abgebaut werden. Auch die Zulieferer-Industrie kündigt Stellenstreichungen an. Hohe Sonderzölle der EU auf chinesische E-Autos werden beschlossen, bleiben aber umstritten.
Im Nahen Osten, im Heiligen Land, wird die Lage immer unübersichtlicher. Es gibt Menschenrechtsverletzungen und Tote auf allen Seiten. Der Internationale Strafgerichtshof erlässt Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten und Verantwortliche der Terrororganisation Hamas. Hisbollah und Hamas-Kämpfer werden vom israelischen Geheimdienst getötet.
In Magdeburg rast ein Auto in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt.
Dies sind nur einige der negativen Schlagzeilen aus dem letzten Jahr. Daneben hat es auch positive Schlagzeilen gegeben: In Syrien wird Machthaber Baschar al-Assad gestürzt und flieht nach Moskau. In Deutschland setzt umgehend eine Debatte über eine mögliche Abschiebung syrischer Flüchtlinge ein, jetzt allerdings gepaart mit der Sorge um die Abwanderung wichtiger Arbeitskräfte.
Und an neutralen Nachrichten gab es den Duden, der neue Worte aufnimmt wie ›Deutschlandticket‹, ›Klimakleber‹, ›Dürresommer‹, ›Gasmangellage‹, ›Balkonkraftwerk‹ und ›ChatGPT‹.

Was auch immer Ihnen gerade an Meldungen aus dem letzten Jahr vor Augen stehen mag. Jeder und jede einzelne von uns wird am Ende dieses Jahres Bilanz ziehen können über gute und schlechte Nachrichten aus dem eigenen Leben.
Was hat das zurückliegende Jahr gebracht? Und was wird das nächste Jahr uns bringen? Wir wissen es nicht, auch wenn schon einige Termine im Kalender festgehalten sind: Der Termin für den Urlaub ist vielleicht schon geplant. Familienfeiern und runde Geburtstage sind im Kalender eingetragen. Andere Termine wie Besuche bei weit entfernten Freunden und Bekannten ebenfalls. Auch unsere Kirchengemeinde hat vielfältige Termine, Gottesdienste, Sitzungen und Kirchentagsveranstaltungen festgelegt. Für viele von uns steht das Jahr schon in groben Zügen in den Kalendern.
Und doch gibt es viele Fragezeichen für die vor uns liegenden 366 Tage. Keiner weiß, ob alles so werden wird, wie man sich das im Moment vorstellt. Keiner weiß, ob wir dieses Jahr überhaupt ganz erleben werden. Keiner weiß, wie viele schwere Anlässe auf uns zukommen. Keiner weiß, welche neuen Herausforderungen 2025 bringen wird.
Trotz der bereits eingetragenen Termine im Kalender ist vieles noch sehr offen und ungewiss. Das neue Jahr 2025 steht vor uns wie ein großes unbekanntes Land, das wir entdecken und einnehmen müssen. Wir haben zwar mit unserem Kalender eine Karte, in der Verschiedenes eingezeichnet ist, aber wie es dann in Wirklichkeit werden wird, das wird sich erst nach und nach erschließen.

II.
Liebe Gemeinde,
auch das Volk Israel stand einmal vor einer ähnlichen Situation. 40 Jahre hatte es in der Wüste zugebracht. 40 Jahre mit allerlei Höhen und Tiefen, Gefahren und Wundern.
40 Jahre waren es deswegen geworden,
- weil die Israeliten immer wieder an Gott zweifelten,
- weil sie trotz des Auszugs aus Ägypten mit ihrer Situation
nicht zufrieden waren und
- weil sie sich anderen Götterfiguren zuwandten.
Gott war darüber sehr verärgert und ließ das Volk Israel 40 Jahre in der Wüste umherwandern. Das ist die Zeitdauer von mehr als einer Generation. So lange brauchte es, bis das Volk Israel nach der Flucht aus Ägypten in das Land gelangte, das Gott ihnen zugesagt hatte.
Mose selbst hat das versprochene Land aus der Ferne noch sehen können. Weil aber auch er zeitweise an Gott zweifelte, durfte er es nicht mehr betreten. Er starb vorher.
Josua wurde sein Nachfolger. Und er führte das Volk nach Kanaan – in das Land, wo Milch und Honig fließen sollten. Es war das Land der Verheißung, das Land, in dem alles besser werden sollte. Es war das Land, in dem sie endlich sesshaft werden sollten und nicht dauernd herumwandern mussten. Das Land, in dem sie endlich genug zu essen und zu trinken haben würden. Es war das Land ihrer Träume.

Und nun sind die Israeliten am Fluss Jordan angekommen, sie stehen da und schauen hinüber. Nur der Fluss ist noch zu überqueren. Die Israeliten sehen das andere Ufer und erste Landschaften. Sie sehen Hügel und Felder im Hintergrund. Das sehen sie, mehr aber auch nicht. Das meiste ist ihren Augen verborgen. Nur die Kundschafter, die sie ausgesandt haben, berichten, dass es tatsächlich ein wunderbares Land sei, das vor ihnen liegt.  
Aber auch das berichten die Kundschafter: In dem Land wohnen viele Menschen und mächtige Kriegsfürsten. So einfach wird es nicht werden, in diesem Land zu bestehen. Und so sind die Israeliten hin- und hergerissen zwischen Neugier und der Angst, zu scheitern und aus dem Land wieder vertrieben zu werden. Wird sich Gottes Versprechen, dass es ihr Land sein wird, tatsächlich bewahrheiten? Den Israeliten bleibt eine Mischung aus Neugier und Angst.

III.
Liebe Gemeinde,
so geht es vielleicht auch uns, wenn wir an 2025 denken. Da ist die Vorfreude, was dieses Jahr bringen könnte, denn viele schöne Termine haben wir schon eingetragen in unserem Kalender. Und manches davon ist schon angedacht und geplant. Aber da ist auch die Angst, dass alles anders werden könnte. Wer weiß schon, was alles dazwischen kommen mag? Werden unsere Beziehungen und Freundschaften halten? Werden wir von Krankheiten verschont bleiben? Werde ich meinen Arbeitsplatz behalten? Schaffen die Kinder das Schuljahr oder die Ausbildung?  
Und wie werden sich Wirtschaft und Gesellschaft weiter entwickeln? Da hat sich in den letzten fünf Jahren vieles verändert. Durch Corona, durch steigenden Preise, durch politische Unsicherheiten. Nicht wenige sind am Rande ihrer Möglichkeiten.
Wie wird sich die Welt in diesem Jahr weiter verändern? Neue Kriege und Naturkatastrophen, Klimawandel und Entlassungswellen? Was wird da auf uns zukommen? Es ist die Mischung aus Neugier und Angst. Das sind auch unsere Gefühle, wenn wir an den Start ins Neue Jahr denken. Und das verbindet uns mit der Situation des biblischen Volkes Israel damals vor rund 3.000 Jahren.

IV.
Liebe Gemeinde,
Gott hatte sein Volk aus Ägypten geführt und er wusste, wie verunsichert es nach der langen Zeit in der Wüste war. Darum war es ihm wichtig, sein Versprechen zu erneuern, das Volk in das Gelobte Land zu führen.
Hören Sie selbst, was Gott seinem Volk in Sichtweite des neuen Landes Kanaan mit auf den Weg gibt. Ich lese aus dem Buch Josua, Kapitel 1,1-11 [Gute Nachricht]:

1 Nachdem Mose, der Bevollmächtigte des HERRN, gestorben war, sagte der HERR zu Josua, dem Sohn Nuns, dem Helfer Moses: 2 »Mein Diener Mose ist tot. Nun mach dich auf und zieh mit dem ganzen Volk über den Jordan in das Land, das ich euch geben will! Führe das ganze Volk Israel über den Jordan! 3 Jeden Fleck Erde, den ihr betreten werdet, gebe ich euch, wie ich es Mose versprochen habe. (...) 5 Kein Feind wird sich gegen dich behaupten können; denn ich werde dir dein Leben lang zur Seite stehen, genauso wie ich Mose zur Seite gestanden habe. Niemals werde ich dir meine Hilfe entziehen, nie dich im Stich lassen.
6 Sei mutig und entschlossen! Du wirst diesem Volk das Land, das ich ihren Vorfahren mit einem Eid zugesagt habe, als bleibenden Besitz zuteilen. 7 Halte dich mutig und entschlossen an das, was mein Diener Mose gesagt hat! Befolge mein Gesetz, das er dir übergeben hat, und lass nicht das Geringste davon außer Acht; dann wird dir alles gelingen, was du unternimmst. 8 Sprich die Weisungen aus meinem Gesetzbuch ständig vor dich hin und denke Tag und Nacht darüber nach, damit dein ganzes Tun an meinen Geboten ausgerichtet ist. Dann wirst du Erfolg haben und wirst alles, was du beginnst, glücklich vollenden. 9 Ich sage dir noch einmal: Sei mutig und entschlossen! Hab’ keine Angst und lass dich durch nichts erschrecken; denn ich, der HERR, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst!«
10-11 Darauf ließ Josua die Aufseher durch das Lager gehen und überall bekannt machen: »In drei Tagen werden wir den Jordan überschreiten und das Land in Besitz nehmen, das der HERR uns geben will. Bereitet genügend Verpflegung für den Marsch vor!«

V.
Liebe Gemeinde,
Gott begleitet sein Volk in das neue Land. Er sagt nicht: »Jetzt stellt euch mal nicht so an. Von hier an kommt ihr alleine zurecht.« Er kritisiert auch nicht die Fehler der Israeliten, sondern er gibt ihnen drei Sätze mit auf den Weg. Der erste Satz lautet:

»Es wird nicht einfach werden.«
Dieser Satz steckt hinter den Worten: »Hab’ keine Angst und lass dich durch nichts erschrecken.« (V.9).
Gott zeigt sich hier realistisch. Das Betreten des neuen Land wird kein Spaziergang werden. Man wird es nicht einfach so einnehmen können. Es wird Schwierigkeiten geben. Angst und Zweifel werden aufkommen.
Das Volk Israel wird das schon bald merken, wenn es nach Jericho kommt. Die unbezwingbare Stadt wird sie daran zweifeln lassen, ob sie es schaffen können. Und doch werden sie wie durch ein Wunder Jericho einnehmen können. (Pause)

Das gilt auch für 2025. Einfach wird es sicherlich nicht werden. Dafür ist das Leben nach der US-Wahl und mitten in diesem Krieg viel zu kompliziert. Es wird Probleme geben, Schwierigkeiten werden auftauchen. Wir werden vielleicht bis an die Grenzen gefordert werden. Und manche unbezwingbare Herausforderung werden wir nur durch ein Wunder bewältigen können.

Der 2. Satz, den Gott mit auf den Weg gibt, lautet:
»Haltet euch an das, was ich euch gesagt habe.«
In der Wüste bekam das Volk Israel die Zehn Gebote ausgehändigt. Diese und andere Regeln und Gesetze sollten die neue Lebensordnung im verheißenen Land werden.

»Halte dich mutig und entschlossen an das, was mein Diener Mose gesagt hat! Befolge mein Gesetz, das er dir übergeben hat, und lass nicht das Geringste davon außer Acht; dann wird dir alles gelingen, was du unternimmst.« (V.7).

Gott verbindet also den Erfolg der Landnahme mit dem Halten der Gebote, mit dem Hören und Nachdenken seiner Worte. Die Bibel versteht die Gebote als einen Wegweiser für ein gelingendes Leben in Freiheit.

Was heißt das für uns? Ich denke, es bedeutet, dass wir nicht ohne Erfahrungen und Regeln hinübergehen in dieses Neue Jahr. Wir neh­men unsere Erfahrungen mit, dass Gott ein guter Wegbegleiter in unserem Leben gewesen ist. Und diese Erinnerung kann uns helfen, ihm immer wieder neu zu vertrauen. Zugleich bedeutet das aber auch, dass diese Wegbegleitung nicht ohne Regeln funktio­niert. Gott möchte, dass wir nach seinem vorgegebenen Lebensrahmen leben, nach seinen Geboten. Er hat mit ihnen einen guten Rahmen vorgegeben, mit dem es sich gut leben lässt im Land der Freiheit.
Diese Regeln in der Bibel wieder einmal nachzulesen und unser Leben daran auszurichten, kann ein guter Vorsatz für 2025 sein. Aus den überlieferten 10 Geboten wird dann vielleicht folgendes:
1. Die von Gott gegebene Schöpfung ist deine Lebensgrundlage. Wir haben keine zweite.
2. Begegne allen, die Verantwortung übernehmen, mit Respekt.
3. Vermeide es, Tiere zu quälen und Lebensmittel zu verschwenden.
4. Vermeide es, bei Gewalt im digitalen Raum mitzuwirken.
5. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, Auto, Handy, noch sonst alles, was dein Nächster hat.
6. Du sollst nicht shoppen am Tage des Herrn. Gönne Dir und anderen Ruhe.

Und das Dritte und Letzte, was Gott seinem Volk mit auf den Weg gibt, lautet: »Seid mutig und entschlossen.«
Zweimal spricht Gott Josua diesen Satz zu. Er will Josua Mut machen, indem er an seine Zusagen erinnert. »Mache dich auf. Ich will euch alles geben, wie ich es euch gesagt habe. So wie ich euch auch in der Wüste nicht verlassen habe trotz eures Starrsinns. Sei mutig und entschlossen. Habt keine Angst. Ich bin bei euch.«

Auch wir können mit dieser Verheißung und diesem Beistand hinübergehen in das Neue Jahr, das wie ein unbekanntes Land vor uns liegt.

»Habt keine Angst und lasst euch durch nichts erschrecken; denn ich, der HERR, dein Gott, bin bei euch, wohin ihr auch geht!« Amen.

(Wichtige Teile der Predigt wurden einer Predigt entlehnt von Catherine Schwabe: https://emkneu.de/gottesdienste/articles/text-der-predigt-am-2-januar-2022.html).