Predigt am 18. Sept. – Jesaja 12,1-6

Ev.-reformierte Kirche Hannover

Liebe Gemeinde,

Nein, es kommt nicht alle Tage vor, dass Jesus durch Dein Dorf kommt. Das ist schon etwas Besonderes.

So hörten wir im Evangelium (Lukas 17,11-19), dass Jesus auf dem Weg nach Jerusalem durch dieses Dorf gezogen ist. Ein namenloses Dorf.

Da erblicken ihn zehn kranke Männer, Leprakranke, die ihm zurufen, aus der Ferne. Wegen ihrer Krankheit dürfen sie ja nicht in die Nähe anderer Menschen kommen… seit Corona können wir uns das ja alle vorstellen:

„Jesus, lieber Meister, Erbarme dich unser!“

Es kommt nicht alle Tage vor, das wissen die Kranken. Sie haben von Jesus gehört. Sie ergreifen die Chance.

Jesus lässt sie gesund werden. Diese Krankheit galt damals als ein Fluch Gottes. Nur Gott kann diesen Fluch der Krankheit wieder wegnehmen. Deshalb können nur die Priester den Kranken offiziell gesundschreiben. Jesus schickt sie zu den Priestern.

Das ist klar, aber nur einer von den zehn Männern erkennt, dass Jesus etwas damit zu tun hatte.

Es geht in dieser Geschichte um Jesus und dass nur einer von den zehn Männern, in Jesus den erkennt, der ihn gesund gemacht hat.

Einer von zehn. Und ausgerechnet der ist ein Samariter, kein Rechtgläubiger, ein Fremder.

Er hat erkannt, dass Gott durch Jesus an ihm persönlich ein Wunder vollbracht hat.

Die neun anderen haben das Besondere einfach übersehen. Also neunzig Prozent haben nicht erkannt, dass Gott durch Jesus Wunder tut.

Es passiert eben nicht alle Tage. Und das ist es auch, was uns der heutige Predigttext sagen will:

JESAJA Kapitel 12

1 Zu der Zeit wirst du sagen:

Ich danke dir, Herr! Du bist zornig gewesen über mich.

Möge dein Zorn sich abkehren, dass du mich tröstest.

2 Siehe, Gott ist mein Heil,

ich bin sicher und fürchte mich nicht;

denn Gott der Herr ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil

4 Und ihr werdet sagen zu der Zeit:

Danket dem Herrn,

rufet an seinen Namen!

Machet kund unter den Völkern sein Tun,

verkündiget, wie sein Name so hoch ist!

5 Lobsinget dem Herrn, denn er hat sich herrlich bewiesen.

Solches sei kund in allen Landen!

ZU DER ZEIT!

So schreibt der Prophet Jesaja.

„Zu der Zeit“ wirst Du sagen:

„Du bist zornig gewesen über mich.

Möge dein Zorn sich abkehren, dass du mich tröstest.“

Wie bitte? Danken für Gottes Zorn? Ja, im Nachhinein.

Danke, dass es mir schlecht gegangen ist! Danke, dass ich Schmerzen hatte! Wie schön, wenn der Schmerz nachlässt. Danke!

Danke, dass ich Angst hatte, so abgrundtiefe Angst und jetzt hast Du mich getröstet, Gott,  und jetzt bin ich sicher und fürchte mich nicht;

Danke, dass ich etwas Wertvolles verloren habe, und jetzt habe ich es wiedergefunden!

Welch eine Freude nach großer Traurigkeit!

Wir können Gott danken, und ihm lobsingen.

 Um zu erkennen, dass Gott an uns Wunder tut, müssen wir uns auch erinnern, wie schlecht es uns ging, wie gefährlich es war, wie verlassen, wie schwach, wie miserabel wir uns gefühlt haben. Das aber ist schnell vergessen.

"Zu der Zeit", schreibt der Prophet und es geht ihm um besondere Ereignisse in der Geschichte des Volkes Israel. Ich will Sie jetzt nicht damit ermüden, dass ich das vorherige Kapitel lese, aber da geht es um die ganz großen Ereignisse, die wir aus der Bibel kennen… da ist die Befreiung aus der Sklaverei, der Auszug aus Ägypten, als Gott das Meer ausgetrocknet hat, damit die Isareliten trockenen Fußes das Schilfmeer durchqueren konnten, da ist die Rückkehr der Verschleppten aus Babylon und die Heimkehr der Geflüchteten nach Jerusalem, Aber es geht auch um den großen Tag in der Zukunft, wenn Frieden herrschen wird und die Wölfe bei den Lämmern wohnen werden und die Königreiche Israel und Juda in Frieden wiedervereinigt sein werden.

Das passiert nicht alle Tage! Aber, wenn so etwas passiert, sollen wir nicht zu den neunzig Prozent gehören, die es nicht erkennen, sondern zu den 10 Prozent, die es erkennen, die sich erinnern und die Gott danken und preisen und auch überall erzählen: Das hat Gott an mir getan! Das war ein Wunder!

Wie war es denn damals am 9. November vor 33 Jahren? Als damals die Mauer fiel und es friedlich geschah? Und wie ist es denn am 3.Oktober 1990 gewesen? Wie feiern wir diesen Tag? Bedeutet er uns als Christen etwas?

Eine Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit, als wäre das von dieser Welt? War es ein Traum oder ein Wunder?

Wie wird es sein, wenn endlich die Waffen wieder schweigen in der Ukraine?

Und wie war es mit dem Coronavirus?

Es passiert nicht alle Tage, dass eine solche Plage durch die Welt zieht. Wir, die wir von schlimmen Folgen oder gar vom Tod verschont wurden, haben wir einen Festgottesdienst gefeiert? Der Toten haben wir gedacht, aber haben wir Gott auch dafür gedankt, dass wir verschont wurden? Haben wir da nicht auch als Kirchengemeinde eine Aufgabe? Haben wir das Wunder erkannt, dass Kinder weltweit vor dem Schlimmsten bewahrt wurden?

Ist das nicht unsere Berufung, dass wir als Christen zu den 10 Prozent gehören, die in solchen Zeiten Gott danken und kund machen unter den Völkern:

Gott der Herr ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil.

Amen!