Predigt zu Jesaja 49,1-6 für Sonntag, den 9.Oktober 2022
von Vikarin Sabine Schumacher

Tragen Sie oder haben Sie in Ihrem Beruf Berufskleidung getragen?
Oder, liebe Jugendliche und Studierende, trägt man in eurem angestrebten Berufswunsch eine spezielle Berufskleidung?

Ich wage mich mal vor und frage mal nach einem Handzeichen:
Wer von Ihnen hatte oder hat einen Job mit Berufskleidung?

Heute stehe ich erneut in zivil vor ihnen ohne den Talar, denn der ist weiterhin in der Schneiderei und hat leider einige Lieferverzögerung. Ich bin sehr gespannt wie sich das anfühlen wird in diesem Kleidungsstück Gottesdienst zu feiern.

Berufskleidung schützt, hilft selbstbewusst in einen Beruf hineinzuwachsen und darin auch wahrgenommen zu werden.

Spannend ist hier auch die Frage, inwiefern wir einem Beruf nine to five nachgehen und gefühlt danach das eigentliche Leben startet oder inwiefern der Beruf zur eigenen Berufung wird.

„Eine Berufung zu finden und zu leben, bedeutet, dich in eine Richtung zu entwickeln, in der du dich natürlich selbst verwirklichen kannst und einen bedeutsamen Mehrwert für deine Mitmenschen schaffst.“ – so eine Definition aus dem guten alten Internet.

Berufung ist das, was wir wirklich machen wollen, bei dem wir genau das tun, was unserer Leidenschaft und unseren Begabungen entspricht.

Gerade in meiner Generation und der darunter stellen sich junge Menschen dazu große Fragen: Welchen Job nehme ich, der mich auch innerlich erfüllt? Berufung als die eigene Bestimmung.

Das mag wie eine Luxusfrage klingen oder aber auch nach einer ernstzunehmenden Not, denn die richtige Auswahl zu treffen kann ganz schön überfordern.

Wieder andere sind froh, wenn sie gerade mit dem Beruf, den sie haben, über die Runden kommen und ihre Rechnungen zahlen können. Oder stehen dort gerade jetzt in diesen Wochen vor großer Not und Unsicherheit.

Ist Berufung etwas, dass ich in meinem Job finden muss oder finden sollte? Welche Berufungen gibt es? Die als Eltern, als Paten, als Ehrenamtliche. Viele von uns sind heute auch dazu berufen wählen zu gehen. Und wir sind als Kinder Gottes berufen, diese Welt mitzugestalten. Je mit unseren eigenen Gaben und Ressourcen.

Wie geht es Ihnen? Wie geht es dir mit dem Thema Beruf und Berufung?
Schauen Sie bereits zufrieden auf das Arbeitsleben zurück oder tragen viele Sorgen und Fragen mit sich?

Ich bin froh, dass wir mit diesen Fragen und Überlegungen nicht alleine stehen.
Ich bin froh, dass ich in meinen eigenen Weggabelungen und Überlegung, wo der nächste Schritt hingeht, was Beruf und Berufung für mich bedeutet neben guten Weggefährten und Freunden eine gute Adresse habe, die mir Halt und Orientierung gibt.
Ich bin froh, dass wir Gott um Hilfe bitten können, dass wir unsere Zweifel und Sorgen bei ihm hinlegen können,  dass er antwortet.
Und ich bin froh, dass wir die Bibel haben, aus der wir lernen können, unseren Weg zu finden. Die uns zeigt, wie Gott Berufung versteht und mit uns gestalten will.

Dazu hilft uns der Predigttext für heute. Er steht in Jesaja 49,1-6. Dieser zeigt uns einen Dialog zwischen einem Menschen, der Gott sucht und Gott selbst. Ein Glaubenszeugnis voller Höhen und Tiefen.
Ob der Autor ein Prophet ist, wissen wir nicht genau, ob er stellvertretend für das Volk Israel steht, könnte sein. Ich lade dazu ein diesen Menschen als einen zu verstehen, der mit Gott unterwegs ist, mit ihm ringt, nach seinem Lebensweg sucht und von seinem Glauben trotz krummen Linien erzählt.

Ich lese aus Jesaja 49:
„1 Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merkt auf! Der Herr hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war. 2 Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt. 3 Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will. 4 Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz. Doch mein Recht ist bei dem Herrn und mein Lohn bei meinem Gott. 5 Und nun spricht der Herr, der mich von Mutterleib an zu seinem Diener bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde – und ich bin vor dem Herrn wertgeachtet und mein Gott ist meine Stärke –, 6 er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde."

Der Mensch aus diesem Lied, ein Diener Gottes, erzählt von einem Glaubensweg und darin von dem Thema Berufung. Ich lade ein da mal ein bisschen tiefer einzutauchen und zu überlegen, was es bedeutet von Gott berufen zu sein.

Der Mensch aus dem Lied sagt: „Der Herr hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war. Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt.“ Gott sagt ihm zu: „Du bist mein Diener, durch den ich mich verherrlichen will.“

Dieser Mensch hat von Beginn seines Lebens seine Berufung. Von außen gerufen, ausgewählt. Er ist dazu bestimmt in Gottes Team dabei zu sein. Gottes Liebe und Licht in dieser Welt vernehmbar und erkennbar werden zu lassen. Leben mit Gott ist da nichts Äußeres, so wie ein Berufsstatus, sondern innere Berufung

Im Speziellen begabt tut er das mit gutem zielgenauem Reden, Gott will durch ihn viele Menschen erreichen. Das ist seine spezielle Berufung, er kann richtig gut und zielgenau sprechen:

Will man seiner speziellen Berufung nachgehen, helfen Fragen wie:

Wer bist du?
Wie tickst du?
Was sind deine Talente?
Welche Bedingungen bringen dein Potential voll zum Erblühen?

Das sind wichtige Fragen, sie lassen sich nicht mal eben beantworten. Diese Fragen können überfordern.

Doch wie gut in diesem Text zu lesen: Gott stattet aus.
Wie die Berufskleidung: er schützt, hilft selbstbewusst in unsere Berufung hineinzuwachsen und darin auch wahrgenommen zu werden.
Er sorgt dafür, dass dieser Mensch im Text so sprachgewandt wird. Er hilft uns unsere Gaben zu entdecken und will uns vor Überforderung beschützen.

So heißt es: „Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich verwahrt in seinem Köcher.“ So können wir Licht sein, denn er strahlt durch uns.

Gott stattet aus. Und zwar nicht in einem Optimierungssinn, immer besser und glatter. Berufung ist ein Weg mit immer neuen Herausforderungen, mit Umwegen – und, ja, auch mit Scheitern und Versagen.
Doch hier in unserem Text wird gerade der Gescheiterte zum Licht für die Welt. Dieser Mensch sagt: „Ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz“
Doch dieser Mensch schaut letztlich nicht mehr auf den sichtbaren Erfolg oder Misserfolg, nicht mehr auf seine Möglichkeiten, sondern er schaut hinter die Kulissen: Ganz gleich, was ich hier erreiche, bei Gott habe ich einen ewigen Lohn für meine Mühen. Selbst wenn mir hier die Anerkennung ausbleibt, wenn die Chefin mir die Wertschätzung verweigert, selbst wenn meine Anstrengungen ins Leere laufen, bei Gott ist mein Lohn! Gott schafft mir Recht.
Das ist keine billige Vertröstung, sondern eine tiefe Glaubensstärkung, weil ich erkenne: Bei Gott gelten ganz andere Maßstäbe! Das ist erfahrbar im eigenen Leben. Denn Gott stattet aus.

Wenn Sie denken: Es ist doch umsonst, es hat keinen Zweck, dann erinnere dich an deine Berufung. Die Hoffnung kann abnehmen, der Glaube kann schwinden, doch Gottes Verheißung bleibt bestehen. Er stattet dich aus.

Bei Gott hat es Sinn und Zweck, dass du da bist! Er will und wird dich gebrauchen als Licht in dieser Welt, in deiner Familie, in deiner Arbeit, in deiner Gemeinde, auch wenn du keine Erfolge siehst. Die Berufung hilft auszuhalten, schenkt Kraft zu glauben und zu vertrauen.

Und Gott stattet uns nicht nur aus, sondern er traut uns was zu.
Denn da ist noch mehr. Gott sagt zu diesem Menschen: „Du kannst viel mehr, ich mache dich zu einem Licht für die Völker!“. Jesus sagt zu uns: „Ihr seid das Licht der Welt.“

Gott traut uns richtig was zu! Deutlich mehr, als wir uns oft selbst zutrauen würden. Wenn wir mal wieder am Suchen sind, wenn wir nicht weiterwissen, dann vergessen wir oft, dass Gott mit dabei ist und er uns Kraft gibt.

Und Gott sagt nicht nur: „Du schaffst das schon!“ – er sagt: „Du kannst noch viel mehr, vertraue mir!“
Gott traut uns was zu. Als seine Kinder. Nicht als seine Einzelkinder, sondern gemeinsam. Wir sind berufen in seinem Team dabei zu sein, wir sind berufen zum Dienst aneinander.

Gott sagt:
„Ihr seid berufen. Ich statte euch aus und traue euch was zu: Ich mache euch zu einem Licht für die Welt!“

Amen.